Führt seit 2008 das mit 19 «Gault Millau»-Punkten dotierte Restaurant «Stucki» in Basel: Tanja Grandits.
Führt seit 2008 das mit 19 «Gault Millau»-Punkten dotierte Restaurant «Stucki» in Basel: Tanja Grandits. (Tanja und Simon Kurt)
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«Grillieren ist ein Happening, das Spass macht»

Die Spitzenköchin Tanja Grandits über Gemüse und Tintenfisch vom Feuer, ihr neustes Kochbuch und das gemeinsame Kochen mit ihrer Tochter.

Hanspeter Eggenberger

Grillieren Sie gern?

Privat grilliere ich vor allem, wenn ich Gäste habe. Ich mag Sachen vom Grill sehr, bin aber nicht unbedingt die absolute Grillspezialistin. Im Restaurant ist das mein Küchenchef, Marco Böhler. Beim Personalessen gibt es bei uns denn auch oft Sachen vom Grill.

Was grillieren Sie am liebsten?

Gemüse. Und auch Fisch. Blumenkohl zum Beispiel, eines meiner Lieblingsgemüse, kann man in dicke Scheiben schneiden, mit Sesamöl, Kreuzkümmel, Zitronenschale und -saft und Olivenöl marinieren und dann grillieren. Dann eine Joghurtsauce dazu – einfach wunderbar!

Grillieren ist längst zum Volkssport geworden. Was ist so faszinierend daran?

Ich denke, es ist vor allem der Geschmack. Die wunderbaren Röstaromen. Das offene Feuer. Aber auch das Drumherum. Man macht schöne Salate, vielfältige Saucen. Grillieren ist zudem oft mit geselligem Beisammensein verbunden. Es ist ein Happening, das Spass macht. Und man kann, mit entsprechendem Zubehör, die unterschiedlichsten Produkte auf dem Grill zubereiten.

Muss es ein Holzkohlegrill sein?

Natürlich ist ein Grill mit echtem Feuer am besten. Aber ein Gasgrill hat durchaus auch Vorteile, vor allem wenn man nicht so viel Zeit hat. Er ist praktisch, und es kann nicht viel schiefgehen damit.

Wofür verwenden Sie den Grill in Ihrem Restaurant?

Wir machen viel Gemüse auf dem Grill, auch ganze Stücke, beispielsweise Sellerieknollen. Oder ganze Lauchstangen, bis sie aussen braun sind. Und natürlich Fleisch. Das garen wir meist mit Niedertemperatur vor und geben es dann für den Finish auf den Grill.

Man kann wirklich fast alles auf dem Grill machen.

Es gibt heutzutage eine Tendenz, praktisch alles auf dem Grill zuzubereiten. Was eignet sich besonders?

Für mich gibt es keine No-Go´s. Man kann wirklich fast alles auf dem Grill machen. Wenn so ein Grill schon mal heiss ist, macht es auch Sinn, das auszunützen und nicht nur ein Steak daraufzulegen. Und experimentieren ist toll! Es gibt auch verschiedenes Zubehör, mit dem man die Möglichkeiten des Grills erweitern kann, etwa den Pizzastein, eine Plancha zum Beispiel für Crevetten und kleine Gemüse, oder Räucherbrettli aus verschiedenen Hölzern.

Gibt es spezielle Produkte, die Sie gern grillieren?

Am liebsten einen ganzen Pulpo. Dabei werden die Tentakel aussen ganz knusprig. Das schmeckt wunderbar.

Und was würden Sie nie auf dem Grill machen?

Würste! Ich bin keine Wurstesserin, ich mag sie einfach nicht.

Worauf muss man beim Grillieren von Fleisch besonders aufpassen?

Auf die Temperaturen, ob man direkt oder indirekt grilliert und dass man eine gute Glut hat. Da braucht es schon etwas Erfahrung. Vieles ist recht anspruchsvoll. Zum Beispiel ein ganzes Poulet. Wenn man das einfach so auf den Grill legt, sind die Brüstchen ausgetrocknet, bevor die Schenkel gar sind. Eine Methode, um das zu vermeiden, ist etwa, das Poulet speziell zu schneiden, sodass man es flach drücken kann; man nennt das «à l’américaine».

Welche Tipps haben Sie für Gemüse vom Grill?

Für Auberginen zum Beispiel eignet sich ein Grill ebenfalls sehr gut. Oder für ganze Zwiebeln. Sie schmecken wunderbar, wenn man sie nach dem Grillieren aufschneidet und etwas Honig und Pfeffer darauf gibt.

Die Corona-Massnahmen haben die Gastronomie hart getroffen. Wie haben Sie die letzten Monate erlebt?

Ich bin jetzt seit zwanzig Jahren selbständig. All die Jahre habe ich sehr viel gearbeitet, war jeden Tag viele Stunden im Restaurant, wenn es geöffnet war. Dass das plötzlich wegfiel, war eine völlig ungewohnte Situation für mich. Es war wie ein neues Leben. Und das war nicht nur schlecht. Für das Restaurant war es natürlich traurig und auch bedrückend. Aber persönlich hatte ich plötzlich Zeit für Sachen, für die ich vorher nie Zeit hatte.

Es war wie ein neues Leben. Und das war nicht nur schlecht.

Wofür?

Auch für eigentlich ganz banale Dinge. Ich habe zum Beispiel nie gerne telefoniert. Doch jetzt rief ich Freunde und Bekannte an, um mich einfach mit ihnen zu unterhalten. Und ich merkte, dass ich wohl nicht gerne telefonierte, weil mir die Zeit dafür einfach fehlte.

Gab es im Restaurant überhaupt noch etwas zu tun?

Obwohl das Restaurant bis jetzt geschlossen war, stand der Betrieb ja nicht still. Wir haben ein sehr gefragtes Take-away-Angebot. Und auch unser Laden und der Online-Shop mit Produkten, die wir selber herstellen – von Apéro-Knabbereien, Suppen- und Risotto-Mischungen über Gewürz-mischungen und Salatsaucen bis zu Süssem und Teemischungen – laufen gut. Wir haben auch ein Redesign der Produkte realisiert. Dank all den Aktivitäten mussten unsere Lernenden ihre Lehre nicht unterbrechen, sondern konnten weiterarbeiten.

Haben Sie mehr als sonst zu Hause gekocht in dieser Zeit?

Ja, ich habe viel mehr privat gekocht, eigentlich täglich, manchmal auch zweimal am Tag. Aber ich habe auch vorher regelmässig privat gekocht.

Ist das nicht ein Muss, wenn man schon beruflich kocht?

Im Restaurant koche ich, weil ich Köchin bin und meine Leidenschaft zum Beruf gemacht habe. Zu Hause koche ich, weil ich Mutter bin. Es lohnt sich, Zeit in das Essen zu investieren, denn gutes Essen kann viel zum Lebensglück beitragen.

Was kochen Sie für sich und Ihre Familie?

Meine Tochter Emma hat sich in den letzten Jahren zur vollständigen Vegetarierin entwickelt. So koche ich zu Hause vor allem Gemüse. Nachdem jetzt die Spargelsaison begonnen hat, gibt es Spargeln auf verschiedenste Arten. Dann natürlich Hülsenfrüchte, damit Emma auch genügend Eiweisse bekommt.

«Auch für Auberginen eignet sich ein Grill sehr gut. Oder für ganze Zwiebeln»

Ihre Tochter ist 15-jährig, kocht sie auch selber?

Nein, sie kocht überhaupt nicht. Ihre Leidenschaft ist das Reiten. Aber sie isst gern – und sie mag gutes Essen.

Und Sie haben Ihrer Tochter Ihr neustes Kochbuch, «Tanja vegetarisch», gewidmet.

Ja, darin finden sich auch alle ihre Lieblingsgerichte.

«Lieblingsrezepte für jeden Tag» statt Haute-Cuisine-Kreationen haben Sie schon in Ihrem früheren Buch, «Tanjas Kochbuch», vorgestellt. Die Leserinnen und Leser scheinen Alltagsrezepte von einer Spitzenköchin zu mögen.

Ja, das neue Buch ist sehr erfolgreich. Es ist letzten Herbst erschienen und steht seither auf der Schweizer Bestsellerliste. Es wurde bisher schon über 30 000 Mal verkauft.

Wie bereiten Sie sich auf die Wiedereröffnung Ihres Restaurants nach der langen Zwangspause vor?

Wir haben im Mai jeweils am Freitag und Samstag erst einmal die Terrasse geöffnet. An diesen Tagen sind auch verschiedene Sachen vom Grill auf der Karte. Da es abends aber noch zu kühl ist, um länger draussen zu sitzen, bieten wir ab Mittag und am Nachmittag insgesamt drei Seatings zu je zwei Stunden an.

Die Spitzenköchin

Tanja Grandits gilt als beste Köchin der Schweiz. Sie ist 1970 in Albstadt auf der Schwäbischen Alb unweit der Schweiz geboren. Sie machte nach der Matura eine Kochlehre beim berühmten Spitzenkoch Harald Wohlfahrt in der «Traube Tonbach» in Baisersbronn. Danach war sie in London und in Südfrankreich tätig, bevor sie 2001 im thurgauischen Eschikofen das Restaurant «Thurtal» eröffnete. Seit 2008 führt sie in Basel das Restaurant «Stucki», benannt nach dem legendären Hans Stucki, der vorher dort tätig war. Der «Gault Millau» zeichnete sie schon mehrfach als «Koch des Jahres» aus und bewertet sie aktuell mit der Höchstnote 19. Und der «Guide Michelin» ehrt ihre Kochkunst mit 2 Sternen.

Was denken Sie, werden die Gäste gleich wieder in Scharen kommen, wenn Sie wieder den Vollbetrieb aufnehmen können?

Ja, sicher! Wir haben das schon nach der ersten Schliessung im letzten Jahr gesehen, als wir wieder öffnen konnten. Die Gäste waren so froh, dass Sie wieder ins Restaurant kommen durften. Wir wurden regelrecht überrannt. Ich denke, die Bedeutung von Restaurants hat sich in dieser Zeit, in der man sie nicht besuchen konnten, noch deutlicher gezeigt.

Gilt das auch für die Spitzengastronomie?

Ich glaube schon. Viele Leute haben in dieser Zeit mehr als zuvor selbst gekocht und sind dabei sicher auch besser geworden. Wenn sie nun ins Restaurant gehen, wollen sie nicht etwas essen, das sie selber genauso gut zubereiten können. Sie wollen kulinarisch etwas ganz Besonderes erleben.

Worauf freuen Sie sich am meisten?

Ich habe den Umgang mit den Gästen sehr vermisst. Und ich freue mich auch darauf, wieder selber auswärts essen zu gehen. Das mache ich immer gern.

Besuchen Sie andere Spitzenrestaurants?

Nicht nur. Ich mag auch ganz einfache Lokale.

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